Mein Hotel war voll und ich musste auschecken. Freundlicherweise wurde mir ein Zimmer in dem gleichnamigen Hotel in einem anderen Stadtteil Tokios reserviert – in Ikebukuro. So grob wusste ich auch wann ich wo mit der U-Bahn wo umsteigen musste um dort anzukommen. Allerdings muss ich beim Umsteigen furchtbar hilflos ausgesehen haben, als mich ein älterer Japaner ansprach. Er wusste sofort was zu tun war. Den hilflosen überforderten Ausländer musste jemand an die Hand nehmen. Ich sprach kein Japanisch, er sprach nur Japanisch – die Konstellation war perfekt. Ich zeigte ihm auf dem U-Bahnplan wo ich hin musste, er zeigte mit dem Finger auf seine Nase und anschließend winkte er mit der Hand in eine Richtung. Er ging wenige Meter vor, drehte sich zu mir um und schaute mich erwartungsvoll an. Ich hatte verstanden, mein Auftrag lautete: folge diesem Mann.
Der Mann war ca. 160 cm groß, sehr schmächtig, hatte ein ehrliches Lächeln auf den Lippen und strahlte Freundlichkeit aus. Er hatte etwas von einem hageren Mr. Miyagi.
Trotz einer fehlenden gemeinsamen Sprache kamen wir ins Gespräch. Mr. Miyagi zeigte erneut auf seine Nase und legte anschließend den ausgestreckten Zeige-, Mittel- und Ringfinger der rechten Hand auf die Innenfläche seiner linken Hand und sagte dabei etwas auf Japanisch. Ich verstand, dass er mir sein Alter nannte, aber ich brauchte weitere 30 Sekunden um die Zahl zu entschlüsseln. Er war 81. Ich weiß nicht wie alt der echte Mr. Miyagi war als er Daniel-san trainierte, aber auf 81 Jahre hätte ich weder den einen, noch den anderen Mr. Miyagi geschätzt. Ob er verstanden hatte, dass ich ihm sagte er sähe viel jünger aus weiß ich nicht, aber er freute sich. Mr. Miyagi freute sich auch als ich ihm mein Alter verriet. Unsere Situation wurde durch Mr. Miyagi weiter aufgelockert als er einen Pantomimischen Witz machte und ich lächelte – er schien ein lustiger, hilfsbereiter und sehr fröhlicher Japaner zu sein.
Wir waren inzwischen an den Einlassautomaten für die nächsten Linien angelangt. Mr. Miyagi blieb stehen und zückte ein kleines schwarzen A6 Notizheft aus seiner Brusttasche. Kein Hightech-Mobiltelefon, iPhone oder PDA, ein kleines schwarzen A6 Notizbuch.
Er wiederholte leise meinen Zielort, warf einen kritischen Blick in sein Notizbuch und nannte mir die Nummer 15. Ich bedankte mich höflich auf Japanisch.
Kurz darauf bat er mich Namen und Alter in sein Notizbuch einzutragen und ich las in dem Notizbuch, dass der freundlichte kleine Japaner bereits vielen Menschen weitergeholfen haben musste – ich trug auch meine Daten in die Liste ein und bedankte mich erneut. Mit einem Lächeln auf den Lippen verabschiedeten wir uns und ich folgte der Nummer 15 zum zur Yamamoto Line.
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